Italien Motorradtour
- 1580 km
- 7 Tage
- 2760 m
Das Beste an Italien – vom Kaunertal bis in die Abruzzen
Reschenpass, Umbrailpass, Stilfser Joch … das hört sich an, wie ein Auszug aus Bikers Wunschzettel. Bei uns ist es Programm unseres ersten Tages auf der Tour quer durch Südtirol und das Trentino an den Gardasee und weiter durch die Po-Ebene zur Adria und in die Abruzzen.
Die lange Anfahrt aus Deutschland hat ihre Spuren hinterlassen. Hier bietet sich die Anreise per DB-Autozug an. Wohl dem, der dann einen Gastgeber hat, der selbst begeisterter Motorradfahrer ist und daher die Bedürfnisse seiner Gäste kennt. Wir haben aus diesem Grund für unsere erste Übernachtung das Hotel Weisseespitze im Kaunertal ausgewählt. Hier erwartet uns der bei vielen unserer Zunft bekannte Bikerwirt Charly mit den Worten „Wo bleibt’s ihr denn?“ und weist uns den Weg in die riesige Garage des Hauses. Diese ist, wie es sich für ein BMW-Testridecenter gehört, mit allem „Pipapo“ ausgestattet und da wir heute auf Triumph anreiten, werden die „Tiger Explorer“ von unserem Experten erst einmal fachmännisch unter die Lupe genommen. Nachdem dann auch wir unser Quartier bezogen haben, gönnen wir uns einen Saunagang mit Panoramablick und danach natürlich das Einlaufbier, das hier obligatorisch zum Programm gehört. Nach dem Abendessen fallen wir hundemüde ins Bett.
Am nächsten Morgen sind wir schon früh aus den Federn, stärken uns mit einem üppigen Frühstück und verlassen dann die Kaunertaler Gletscherregion zügig, aber natürlich nur im zugelassenen Tempo, da die amtlichen Sonderfotos nicht unseren fotografischen Ansprüchen genügen.
So unterwegs passieren wir bald die italienische Grenze, wo uns kurz darauf der Reschensee begrüßt. Auf der Wasserfläche spiegeln sich die immer größer werdenden Wolkenlücken – ein Postkartenmotiv, das wir sofort festhalten müssen. Den Parkplatz mit dem berühmten Kirchturm überlassen wir diesmal den Anderen und nehmen Kurs auf die schweizer Grenze.
Unser Weg führt uns durch das Münstertal, wo wir den Umbrail, den mit 2.503 Metern höchsten Schweizer Pass, anpeilen. Über 33 Kehren, anfangs auf bestem Belag in runden Bögen, dann einem easy zu fahrenden Schotterabschnitt im Mittelteil und über der Baumgrenze in treppenartigen Rampen, erreichen wir die Passhöhe und überschreiten hier die italienische Grenze.
Das Ortlermassiv – ein echtes Highlight
Jetzt trennen uns nur noch 10 Kehren und 260 Höhenmeter vom erklärten Traumziel vieler Motorradfahrer, dem Stilfser Joch. Der Blick von hier aus auf das Ortlermassiv ist ein echtes Highlight. Zu unserem Leidwesen sind wir nicht die Einzigen, die diesen tollen Blick genießen und der stetig zunehmende Besucherstrom treibt uns schnell wieder in den Sattel und talwärts über eine der schönsten Passstraßen der Alpen Richtung Meran.
In Südtirol, heißt es, trifft italienische Lebensfreude auf deutsche Gründlichkeit. Meran ist wohl die italienischste Stadt Südtirols. Durch ihre Lage, in einem nach Süden offenen Tal, profitiert man hier wettertechnisch vom Adria-Einfluss. Unsere britischen Mädels genießen einen von rund 300 Sonnentagen, die die Region verspricht, auf dem Parkplatz, während wir bei einem Gang durch die Kurstadt die Mischung aus quirliger Betriebsamkeit auf der einen und angenehmer Ruhe und Gelassenheit auf der anderen Seite auf uns wirken lassen. Obwohl uns der Ort mit seiner klassischen Architektur und seinem besonderen Flair begeistert, entschließen wir uns doch die Damen am Treffpunkt abzuholen, um wieder Kurs Richtung Nordosten aufzunehmen, da unser heutiges Nachtquartier in der Kronplatz-Region liegt.
Durch das Passeiertal gelangen wir nach St. Martin und hier ruft dann der Jaufenpass nach uns. Die Westrampe des Passes führt uns durch drei Vegetationszonen hinauf bis auf 2.094 Meter. Zunächst schlängelt sich die schmale kurvenreiche Straße durch einen naturbelassenen Nadelwald. Leider haben wir das Pech, dass wieder einmal ein Reisebus eine Ladung Urlauber über die enge Strecke ins Passeiertal kutscht, statt die Autobahn via Bozen zu nutzen. Glücklicherweise hat der Busfahrer ein Herz für Biker und lässt uns in einer Kehre den Vortritt. Nachdem wir das Waldstück passiert haben, führt uns der Pass durch eine recht dicht besiedelte Wiesenlandschaft weiter bergauf.
Allmählich wird die Vegetation karger und der Weg führt über einige Kehren treppenartig auf die Passhöhe. Obwohl der Wind hier oben immer mitredet, ist eine kurze Pause an der kleinen bewirteten Hütte Pflicht, schon wegen der Aussicht. Die Abfahrt nach Osten ist mit ihren flüssigen Kurvenkombinationen schnell erledigt und über die alte Brennerbundesstraße, auf die wir in Sterzing abbiegen, taucht kurz darauf Brixen im Eisacktal vor uns auf.
Wir verzichten allerdings auf den Besuch der Innenstadt mit ihren Einkaufsmöglichkeiten in den idyllischen Arkadengängen. Von unserem heutigen Abendprogramm trennt uns noch ein weiterer Pass – das Würzjoch. Es ist schon recht spät und daher wählen wir die kürzere, nördliche Auffahrt durch das Lüsener Tal, das uns Fahrspaß mit knackigen Kehren, harmonischen Kurven bis Lüsen bereitet und dann durch ein schmales Tal, über kleine Brücken, die uns den Lasankenbach an vielen Stellen überqueren lässt, bis zur Würzjochstraße führt.
Die Route führt uns talwärts
Auf der Passhöhe, am Fuße des Peitlerkofels, genießen wir noch einmal den Blick zurück zur Plose. Hunger, Durst und einsetzende Müdigkeit treiben uns über traumhafte Kurvenkombinationen talwärts Richtung St. Vigil, das wie die Region, die wir auf unserem Weg dorthin durchfahren, zur ethnischen Enklave Ladinien gehört. Die Ladiner sind eine romanischsprachige Volksgruppe, die in diesem Teil Südtirols zuhause ist, und bei einem dieser Ladiner fahren wir jetzt vor. Bikerwirt Konrad, nach Charly ein weiterer Wirt der Motorradhotelgruppe Let’s bike together, winkt uns durch zu den Unterstellplätzen des Hotel Condor. Nach einem obligatorischen Ankunftsbier, flugs geduscht, lassen wir es uns bei einem 4-Gänge-Menü gut gehen und schwatzen noch eine Weile mit „Flying Konrad“, der diesen Namen auf Grund eines Artikels über ihn in einem Motorradmagazin trägt.
Der Duft von frischem Kaffee treibt uns schon zeitig zum Frühstück. Als wir uns verabschieden, hat die Sonne noch Pause, aber es ist mild und trocken. Wir starten nach Süden und machen kurz Rast am Falzaregosattel, bevor wir den Bikes freien Lauf, den Pass hinab, Richtung Arabba lassen. Weiter geht es zum Passo Pordoi, der sich bei unserem Eintreffen in einer dicken weißen Wolke versteckt und dafür sorgt, dass wir temporär null Durchblick haben. Für kurze Zeit sind wir mehr tastend unterwegs, aber kurz vorm Passgipfel lichtet sich der Nebel und auf dem Weg nach unten bieten sich im Wechsel von Sonnenstrahlen und Wolkenteppich äußerst aufregende Blicke auf das Sellamassiv.
Bald verlassen wir das Fassatal und haben nun drei Pässe im Programm. Zunächst den eher gemütlichen Passo San Pellegrino (das Wasser kommt übrigens nicht von hier, sondern aus der Region Bergamo), es folgt der runde und gleichmäßige Passo di Valle und an dessen Ende begrüßt uns der Passo di Rolle mit seinen abenteuerlichen Kurven und Kehren. Nach diesem Kurventanz gönnen wir uns in St. Martino di Castrozza einen Kaffee und widerstehen der kalorienreichen Verlockung einer heißen Schokolade, die hier Cioccolata Calda heißt.
Unser heutiges Quartier nehmen wir in der Region Lago Levico und Lago di Caldonazzo, einem Urlaubsgebiet mit zwei Seen, das vor allem bei Italienern sehr beliebt ist. Auf unserem Weg dorthin überqueren wir den Passo Brocon, der Hochalm-Charakter hat und eine beeindruckende Sicht auf das Umland bietet.
Fahrt von Trient zum Gardasee
Trient, italienisch Trento, ist unser erstes Ziel am nächsten Morgen. Die Universitätsstadt gibt der Region den Namen. Wir flanieren durch die historischen Gassen mit Läden, Cafés, Restaurants und Geschäften, die noch nicht Shop heißen und auch nicht so aussehen, und beobachten das entspannt geschäftige Treiben. Bei einer Pause auf dem Domplatz erblicken wir zwischen den Häuserzeilen die umliegenden Berge, die uns an unsere Bikes erinnern, welche wir vorhin abgestellt haben und die wir jetzt nicht länger warten lassen wollen. Unser Tagesziel heute ist der Gardasee.
Der Weg dorthin führt über den Monte Bondone, der gleich hinter Trento startet. Die kurvenreiche Strecke, gespickt mit vielen Serpentinen, ist ein fahrerisches Highlight und gewährt immer wieder imposante Ausblicke über das Etschtal und Trient. Auf der Passhöhe bei 1.650 Metern angekommen, steht durchaus der Wunsch nach einem Wiederholungszeichen – aber eine Straßenkarte ist eben kein Notenblatt, deshalb fällt die Wiederholung aus.
Langsam nähern wir uns dem Gardasee und erreichen Torbole. Zwei Tourtage haben wir für das Gebiet rund um den See geplant, doch das Wetter macht uns hier einen dicken Strich durch die Rechnung. Der See liegt in dichtem Dunst, der Himmel ist wolkenverhangen und während wir jetzt hoffen, dass der Himmel aufreißt, fängt dieser zu Poltern an und kippt dann eine ordentliche Wasserladung über uns ab. Wir suchen kurz Unterschlupf in einem Café, wo uns die heimische Bevölkerung die Hoffnung auf Wetterbesserung nimmt. Nur weg von hier …
Unsere Flucht endet für heute dann in der romantischen Altstadt von Mantova. Die Stadt liegt inmitten von drei, mit dem Wasser des Flusses Mincio, aufgestauten Seen und bietet mit vielen historischen Gebäuden eine hinreißende Kulisse.
Am nächsten Tag setzen wir unsere Tour fort, die nun immer am Po entlang nach Westen in die Emilia Romagna führt. Wir kommen nur langsam voran, denn hier ist ganz schön was los. Rund um die kleinen Ortschaften, in denen wir Italien live erleben können, wird beeindruckend Landwirtschaft betrieben mit unfassbar vielen Traktoren, die uns immer wieder einbremsen.
Heimat von Ducati, Morini und Bimota
Obwohl die Emilia Romagna auch Zentrum des italienischen Motorenbaus und die Heimat von Ducati, Moto Morini und Bimota ist, haben wir bald genug von der Region. Wir leiden langsam unter Kreiselmania (Italien ist „Weltmeister“ im Verkehrskreiseln) und wollen weg – ab an die Adria und um einem weiteren Gewusel zu entgehen, nehmen wir ab Ferrara die Autostrada bis nach Comacchio. Im dortigen Yachthafen genießen wir einen echt italienischen Espresso. Es riecht nach Meer.
Wir stimmen uns auf einen Strandtag am Teutonengrill ein. Diesen Spitznamen hat die Region zwischen Ravenna und Rimini den Massen an deutschen Strandurlaubern zu verdanken, die hier in den 60er und 70er Jahren eingefallen sind. Wir begeben uns kurzum auf unsere letzte Tagesetappe nach Rimini, die uns über Ravenna auf der schnurgeraden Staatsstraße 16, entlang des längsten Sandstrandes der Welt, an unser Ziel führt.
Ausgeruht und leicht geröstet geht es einen Tag später wieder aufs Motorrad – erstes Ziel ist heute der Inselstaat San Marino.
Die älteste existierende Republik liegt auf einem hügeligen Bergmassiv, weshalb wir sie schon bei der Anfahrt gut erkennen. Nach kurvigem Auf und Ab passieren wir die Innenstadt an der Festung und sind auch schon fast wieder auf der Westseite aus dem Kleinstaat ausgereist. Was jetzt folgt lässt sich mit kurzen Worten eigentlich kaum beschreiben, trotzdem ein Versuch. Die nun folgende Strecke bietet viel Abwechslung: Hügel, Täler, Kurven, viel Überblick und tiefe Einsichten.
Fantastische Landschaft vom Motorrad aus genießen
Landwirtschaftlich genutzte Flächen wechseln sich ab mit kargen Hochebenen, ab und an bieten Waldstücke zaghaft etwas Schatten. Einfach herrlich!
Um Strecke zu machen nutzen wir bis Visso immer mal wieder eine Staatsstraße, haben aber trotzdem noch ausreichend Gelegenheit, die Reifenkontur zu richten. Hier beginnt nun der Aufstieg in den Naturpark des Monte Sibillini, wir sind in den Abruzzen angekommen. Es geht hinauf bis über die Baumgrenze und dann in fantastischen Kurvenkombinationen wieder abwärts durch grüne Wälder bis zur sattgrünen Talsohle.
Spät am Nachmittag machen wir am Ufer des Lago di Campotosto im Naturpark Gran Sasso eine Pause, genießen nochmals die fantastische Landschaft und fahren dann über die Seebrücke bis nach L´Aquila in unser Quartier. Die Erlebnisse des heutigen Tages bedürfen, obwohl wir reichlich müde sind, einer flüssigen Nachbetrachtung. So sind selbst Fuchs und Hase schon längst eingeschlafen, als wir im Bett verschwinden.
Mit perfektem Kurvenspaß beginnt unser letzter Tourtag. Wir statten der Stadt Ascoli Piceno einen Besuch ab, genießen auf der Piazza del Popolo, eingerahmt von romanischen Bauten, einen Espresso und treten dann die Rückfahrt nach Ancona an. Anfangs noch, wie gewohnt, mit reichlich Kurven gibt uns die Streckenführung zurück in die Hafenstadt die Chance, uns zu entwöhnen. Glücklich und sehr müde erreichen wir unser Ziel – hier endet unsere Reise, obwohl wir vom hiesigen Fährhafen noch die Möglichkeiten hätten, nach Kroatien oder Griechenland zu gelangen – aber das muss wohl warten bis wir mehr Freizeit haben.
Text: Klaus Hinterschuster
Fotos: Peter Wahl / Lixi Laufer
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